Universität Bonn

Hochschulrechenzentrum

1970er Jahre

1970er Jahre - das Gründungsjahrzehnt

Am 01. November 1974 war die Geburtsstunde des "Regionalen Hochschulrechenzentrums (RHRZ)", welches aus dem bis dahin von der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) betriebenen "Rechenzentrum an der Universität Bonn" hervorging. 

Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über das Gründungsjahrzehnt des heutigen Hochschulrechenzentrums (HRZ) und seine ersten Entwicklungsschritte. 

HRZ-Zeitreise

Zum Jubiläumsjahr 2024 begeben wir uns in die Zeitkapsel und reisen zurück in die Vergangenheit. Wir zeigen Ihnen einen Einblick in die Arbeitswelt am Hochschulrechenzentrum in den 1970er Jahren:

HRZ 1970er Jahre

Die 1970er Jahre im Überblick

Mehr Informationen zu den Einzeljahren:

Am 1. November 1974 wurde das "Regionale Hochschulrechenzentrum (RHRZ)" gegründet. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden etwaige Aufgaben der Datenverarbeitung durch das von der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) betriebene "Rechenzentrum der Universität Bonn" betreut. Als die GMD ihren Rückzug verkündete, kaufte die Universität Bonn alle verbliebenen Geräte und gründete das "Regionale Hochschulrechenzentrum der Universität Bonn".

Der erste Rechner am RHRZ war eine DV-Anlage des Typs IBM/370-165, die bereits seit 1971 von der GMD betrieben wurde.

Das "Aufbaujahr": Die DV-Anlage des Typs IBM/370-165 wurde mithilfe einer neuen Zentraleinheit zum Typ IBM/370-168 ausgebaut. Damit hatte der Kernspeicher zwischen 512 Kilobyte (KB) und 2 Megabyte (MB) Kapazität. Im gleichen Jahr begannen die Vorbereitungen zur Umstellung auf das neue Betriebssystem Multiple Virtual Storage (MVS) mit virtueller Speichertechnik. An der Umstellung waren Mitarbeitende des "RHRZ" aus allen Abteilungen sowie Mitarbeitende der Firma IBM beteiligt.

Die Datenverarbeitung und -übertragung fand über Lochkarten statt, die der Information entsprechend gestanzt wurden. 

Im Jahr 1975 wurden insgesamt...
... 84.918.449 Karten gelesen, das sind 224 Karten pro Job und 71.300 Karten pro Benutzer. 
... 3.991.329 Karten gestanzt, das sind 11 Karten pro Job und 3.352 Karten pro Benutzer.
... 294.799.682 Zeilen gedruckt, das sind 777 Zeilen und 13 Seiten pro Job, sowie 247.523 Zeilen und 4.126 Seiten pro Benutzer.

Das Jahr 1976 (sowie das erste Halbjahr 1977), stand für die Mitarbeitenden des "RHRZ" ganz im Zeichen der Umstellung auf das neue Betriebssystem MVS. Die Arbeiten am laufenden Betriebssystem OS/MVT Rel. 2.1.6 sowie an anderen Projekten wurden auf das notwendige Mindestmaß beschränkt, damit genügend Arbeitskraft für die Umstellungsarbeiten freigesetzt werden konnte. Gerechnet wurde weiterhin mit der im Vorjahr ausgebauten Zentraleinheit des Typs IBM/370-168, die ab August 1976 im Drei-Schichtbetrieb an sieben Tagen die Woche betrieben wurde.

Mitte des Jahres 1976 wurden sechs Laufwerke des Typs IBM 3330 (mit einer Gesamtkapazität von 600 MB) durch die gleiche Anzahl an Laufwerken der Serie MRX 3675 (mit einer Gesamtkapazität 1200 MB) ersetzt. Dadurch konnte der Gesamtplattenspeicher von 1200 MB auf 2400 MB erhöht werden.

Das Jahr 1977 begann mit einer wichtigen Umstellung: am  3. Januar 1977 ging das neue Betriebssysten MVS Rel. 3.6. an den Start. Leider unter erheblichen Behinderungen, daher wurde die Einführung der neuen Version MVS Rel. 3.7 beschleunigt. Mit der Umstellung auf MVS wurde erstmals auch ein eigenes Datenschutzkonzept am RHRZ eingeführt. Dieses Konzept beinhaltete den Schutz des Datenträgers über ein SETUP-Programm, den Schutz für Dateien über ein IBM-Passwort-Konzept, den Schutz des Datenträgers über Trägernamen für Wechselplatten sowie den Schutz von Dateien über Dateinamen. 

Zum Ende des Jahres fand eine weitere Ausweitung der Rechenkapazitäten durch den Austausch von Laufwerken statt. Ende 1977 lag die Gesamtkapazität der zentralen DV-Anlage des Typs IBM/370-168 dadurch bei 2600 MB und so konnte den benötigten Platzbedürfnissen des Betriebssystems MVS endlich entsprochen werden. 
Die Bereitstellung von Wechselplattenlaufwerken war höher priorisiert als die Speicherplatzerweiterung, da bandintensive Anwendungen mit hohem CPU-Zeitverbrauch in die operateurlose Betriebszeit verlegt werden sollten.

Im Jahr 1978 wurde die Arbeitssituation für die zu diesem Zeitpunkt 34 Mitarbeitenden am RHRZ (Stand 31.12.1978, s. Jahresbericht 1978 S. 71f.),  mit der deutlich in die Jahre gekommenen Hardware problematisch. Die Zentraleinheit IBM/370-168 konnte zwar um ein weiteres Megabyte auf insgesamt 4 MB vergrößert werden und auch das Softwareangebot konnte durch die Implementierung der Programmiersprachen ALGOL 68 und APL ergänzt werden, doch die über acht Jahre alte Peripherie verursachte immer häufiger Probleme. In Verbindung mit der Ende der 1970er Jahre immer stärker zunehmenden Nachfrage nach Rechenleistung an der Universität Bonn, eine riskante Mischung. Ausfälle, wie z.B. des Trommelspeichers, dessen Trommeln bereits 1971, noch vor Gründung des Rechenzentrums bei der GMD in Betrieb waren, und Engpässe der Rechenkapazität auf Benutzerseite nahmen zu. Schon damals war klar: Das "Rechenzentrum hat nur so lange guten Ruf, wie die Anforderungen der Benutzer erfüllt werden können" (s. Jahresbericht 1978 S. 5).

Nichtsdestrotrotz konnten im Jahr 1978 auch wichtige Projekte am RHRZ realisiert werden: Im Sommersemester 1978 bot das "RHRZ", im Rahmen des Projekts Realisierbarkeit maschineller Sprachübersetzung auf Universalrechenanlagen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kommunikationsforschung und Phonetik, eine Vorlesung zum maschinellen Übersetzungssystem SYSTRAN an. Bis dahin war es das einzig lauffähige System für IBM-Anlagen. Eine RHRZ-Mitarbeiterin arbeitete zwei Monate an dem Vorhaben "Deutsche Übersetzung" beim Hersteller von SYSTRAN in Kalifornien mit. Die erste Vorstellung des Projekts durch das "RHRZ" fand am 29. November 1978 in Kooperation mit den Entwicklern und unter Teilnahme des Auswärtigen Amts statt. Die Vorstellung der Funktionsweise stieß auf so großes Interesse, dass die Veranstaltung drei Mal wiederholt wurde.

Ein weiterer wichtiger Schritt: Aus einer Projektgruppe heraus wurde ein Antrag auf Beschaffung eines neuen Massenspeichersystems des Typs IBM 3850 gestellt. 

Herausforderungen im Jahr 1979: Die Probleme der Vorjahre wurden immer deutlicher - die fehlende Prozessorleistung und die fehlenden Zugriffsmöglichkeiten auf gespeicherte große Datenbestände, die im Stapel- und Dialogbetrieb entstanden waren, führten dazu, dass die Anlage über die Hälfte der Betriebszeit ohne Operateurbedienung arbeiten musste. Die zentrale DV-Anlage des Typs IBM/370-168 wurde, mittlerweile im Zwei-Schichtenbetrieb, von 12 Operateuren bedient und lief mehr als 55% der Gesamtzeit ohne Operateurbedienung. Die Anzahl gleichzeitig arbeitender Dialogteilnehmer war auf 80 Benutzer:innen begrenzt. Eine solche Benutzerbegrenzung war notwendig, um ein akzeptables Antwortverhalten zu bieten und den Batch-Betrieb nicht zu stark zu beschränken. Die zentrale DV-Anlage kam im Jahr 1979 damit deutlich an ihre Grenzen und stand kurz vor der vollständigen Auslastung. Der Antrag auf Beschaffung eines neuen Massenspeichersystems IBM 3850 mit einer Kapazität von 35 GB wurde zwar genehmigt, konnte aber aufgrund von Mittelkürzungen am zur Finanzierung vorgesehenen Regionalprogramm des Bundes nicht beschafft werden. 

Vom insgesamt vorhandenen Plattenspeicherplatz konnte im Jahr 1979 ca. 1600 MB den Benutzern zur Verfügung gestellt werden, das waren 400 MB mehr als im Vorjahr. Dieser Speicherplatz war folgendermaßen eingeteilt: 500 MB standen für langfristige Datenhaltung zur Verfügung und 200 MB für kurzfristige Datenhaltung (eine Woche, sog. "Wochen-Platte") zur Verfügung. 400 MB waren für sehr kurzfristige Datenhaltung (1 Tag) vorgesehen. Es gab ein 200 MB Laufwerk für Wechselplatten und drei 100 MB Laufwerke für Wechselplatten.

Ab Beginn des Jahres 1979 wurde der Plattenspeicherplatz für die langfristige Datenhaltung nicht mehr dem/der einzelnen Benutzer:in, sondern den Instituten als Kontingent zur Verfügung gestellt, dieses wurde dann von den Instituten selbst in Eigenregie an die Mitarbeitenden verteilt. Darüber hinaus gab es eine weitere organisatorische Neuerung am RHRZ: ab 1979 konnten Lochstreifen über die DV-Anlage IBM/370-125 eingelesen und über die bestehende Standleitung direkt zur DVA IBM/370-168 übertragen werden. Die Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) musste die Lochstreifen der Benutzer:innen also nicht mehr auf ein Magnetband kopieren. Dies stellte auch den Abschluss der Zusammenarbeit mit der GMD dar. Nach den anfänglichen Schwierigkeiten lief dieses neue Betriebssystem sehr stabil. 

Zu den betrieblichen Besonderheiten im Jahr 1979 gehörte u.a. die unerwartete Steigerung der Anzahl der Jobs mit Magnetbandanforderung durch Benutzer:innen, die ihre Daten vor dem dienstäglichen Löschen der Wochenplatte auf einem Magnetband sicherten und anschließend wieder auf die Platte zurückschrieben.

Insgesamt wurden im Jahr 1979...

450.000 Blatt Papier, 80.000 Lochkarten, 80 Farbbänder für den Drucker und 35 Farbbänder für den Locher verbraucht, um die zentrale DV-Anlage zu betreiben. Erstmals wurden auch ein TSO Benutzerhandbuch und ein SPSS Leitfaden erstellt. 

Zu den Hauptaufgaben am "Dispatch" (heute bekannt als "IT-Helpdesk") im Jahr 1979 gehörte, damals wie heute, die Beantwortung von Fragen zu allen möglichen Themengebieten. Damals ging es häufig um Fragen zur Job-Control-Language und Programmiersprachen oder um die Anwendung von Dienstleistungsprogrammen. Fragen zur Benutzung von Programmpaketen und von Programmierbibliotheken wurden oftmals gestellt. Personen, welche Hilfe bei der Umstellung von Programmen und Daten von anderen Rechnern benötigten, konnten ebenfalls Hilfe bekommen. 

Projekt "EUROVOTE":
1. Hochrechnung zur EUROPAWAHL 1979

Im Jahr 1979 stand die erste Direktwahl zum Europaparlament an. Zum ersten Mal durften die Bürger:innen der damaligen Europäischen Gemeinschaft ihre Vertreter:innen direkt wählen. Die Universität Bonn bzw.das Regionale Hochschulrechenzentrum nahm im Zuge dessen eine ganz besondere Rolle ein: am "RHRZ" wurden die ersten Hochrechnungen für ganz Europa berechnet und die Wahlanalysen für alle beteiligten Länder bereitgestellt. Das Projekt lief unter dem Namen "EUROVOTE" und war ein Testlauf, um zu sehen, ob man große Telekommunikationsnetzwerke effizient betreiben konnte. Dabei ging es am "RHRZ" auch darum, Erfahrung zu sammeln, wie man Projekte durchführt, die unter einem strengen Zeitplan stehen. Für das Projekt wurde ein TP-Stern-Netz mit 96 Dialogstationen in fast allen europäischen Hauptstädten aufgebaut, über welches die Wahlergebnisse aus den verschiedenen Stimmbezirken eingegeben und abgerufen werden konnten. Nach der Plausibilitätsprüfung mussten die Daten für Rundfunkanstalten, Fernsehsender und Presseagenturen in sechs verschiedene Sprachen der Europäischen Gemeinschaft übersetzt und zur Verfügung gestellt werden. Das Projekt "EUROVOTE" war erfolgreich: das "RHRZ" hat gezeigt, dass die Universität Bonn in der Lage ist, ein solch großes und komplexes Projekt durchzuführen und pünktlich abzuschließen - und hat dabei einen wichtigen Beitrag für die erste Direktwahl zum Europaparlament geleistet.

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© HRZ

Bildergalerie 1970er Jahre

In unserer Bildgergalerie erhalten Sie einen Einblick in die Arbeit am Hochschulrechenzentrum in den 1970er Jahren.

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Volker Lannert/Universität Bonn

Die Entwicklung im Laufe der Jahrzehnte

Zentrale IT-Dienstleistung im digitalen Wandel

Nicht nur die heutigen Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche am Hochschulrechenzentrum sind spannend, auch die Entwicklung des Hochschulrechenzentrums ist interessant. Wenn Sie die Anfänge und die Entwicklung des HRZ näher kennenlernen möchten, können Sie auf den folgenden Seiten einen Einblick in die Arbeitswelt am Hochschulrechenzentrum in den verschiedenen Dekaden seit seiner Gründung gewinnen:


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